• 09:10.2017Nr.07/2016 ; Nr. 008

hart backbord

Ein Blatt für Seeleute und interessierte Landratten

unabhängig, weltoffen und seefest

 

Damals,

Eine Geschichte aus längst vergangenen Tagen

.

.

.

.

.

.

.

Spruch der Woche:

In solcher Nacht

Wenn nachts der Sturm das Haus umkreist

und Wolken über Dächer jagen

dann regt sich der Klabautergeist

aus abenteuerlichen Tagen.

Während man wach liegt um zu lauschen

und seinen Blick ins Dunkel bohrt,

scheint es, man höre Rasmus rauschen,

der nachts an Deck herumrumort

und über salzgebeizte Planken

polternd hinübertollt nach Lee;

und einsam wandern die Gedanken

in solcher Nacht  hinaus auf See


Bern Hardy

.

.

Damals

Eine Geschichte aus längst vergangenen Tagen

Es war in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Auf der „Mary C.“ war man allgemein froh, dass es weiter ging. Die Liegezeit von vierzehn Tage in New York an der Pier hatte alle ziemlich geschafft. Das Schiff hatte in Brooklyn an einer dieser alten, hölzernen Piers gelegen und Stückgut gelöscht. Als Nächstes sollte es im Hafen von Charleston im Staate South Carolina / USA Getreide für Südafrika übernehmen. Die „Mary C.“ war ein Tramp-dampfer, immer wieder nach neuen Zielen unterwegs, ab-hängig von den angebotenen Ladungen.

An steuerbord passierten sie die Freiheitsstatue und an Deck war man noch mit „seeklar machen“ beschäftigt. Die Luken hatte man schon verschalkt, das heißt man hatte die Lukendeckel, schwere hölzerne Bohlen, auf die Scherstöcke aufgelegt, drei Persennige darüber gezogen und am Lukensüll mit Schalkkeilen gesichert. Die 12 Mann an Deck, 9 Matrosen, 1 Zimmermann, 1 Jungzimmermann und der Bootsmann, allgemein „Scheich“ genannt, hatten am gestrigen Tag genug zu tun. Jetzt mussten nur noch die Ladebäume in ihre Stützen gefiert und die an der Spitze der Ladebäume befestigten „Gaien“, Flaschenzüge mit denen die Bäume in Position gehalten wurden, auf den zwischen den Luken liegenden Deckshäusern seefest gesichert werden. Das Schiff war eine alte Krücke, ein „Never-come-back-Liner“ in der Trampfahrt, das dem Abwracker knapp entkommen war. Am Heck flatterte die Flagge von Liberia und als Heimathafen grüßte Monrovia.

Seine Karriere hatte das Schiff während des Krieges, 1942, als eines der so genannten „Liberty-Schiffe“ be-gonnen. Bei den Schiffen der Liberty-Klasse handelte es sich um von den Amerikanern schnell zusammenbaute Schiffe mit 10.000 BRT (Brutto-registertonnen) mit denen die von den deutschen U-Booten versenkten Frachter er-setzt wurden. Die amerikanischen Werften arbeiteten mit Hochdruck. Die durchschnittliche Bauzeit betrug 40 Tage. Insgesamt wurden 2.700 Schiffe im Zeitraum von 1941 bis 1945 gebaut. Dabei handelte sich um Dampfschiffe mit Turbinen, die für den Nachschub auf die Kriegsschauplätze in Asien und Europa dringend benötigt wurden.

Im Atlantik fiel so manches Schiff den deutschen U-Booten zum Opfer, aber die meisten erreichten England. Insgesamt gingen durch Kriegseinwirkungen und andere Ursachen knapp 200 Einheiten verloren.

Aber zurück zur „Mary C.“ An Backbord blieb die Insel „Long Island“ zurück, der Kapitän hatte Süd-Süd-Östlichen Kurs angeordnet und sich in seinen Salon zurückgezogen. Böse Zungen berichteten mitunter von einem Glas Whiskey, das immer irgendwo herum stand… Das tat seiner Autorität aber keinen Abbruch. – Für kleine Schwächen hatte jeder an Bord Verständnis. Inzwischen war die Decksgang fertig mit „seeklar machen“ und verzog sich in die Mannschaftsmesse. Es war inzwischen 12 Uhr, also Zeit für das Mittagessen. Die Mahlzeiten wurden strikt eingehalten. Frühstück war um 0730, Mittag um 1200 und Abendessen um 1730 Uhr.>

In der Messe war man guter Laune. Alle waren erleichtert, dass die Reise weiter ging. New York war etwas teuer geworden und so mancher bekam beim Funker keinen Vorschuss mehr. Außerdem hatte der Eine oder Andere auch noch einen „dicken Kopf“. Da-rauf wurde aber keine Rücksicht ge-nommen, frei nach dem Spruch: „Wer saufen kann, kann auch arbeiten…“

In New York war auch ein neuer Koch eingestiegen. Er hatte einen Engländer abgelöst und alle hofften auf besseres Essen…

Einer der lautesten Macker in der Messe, ein Heizer, er hatte vom letzten Landgang ein „blaues Auge“ mitgebracht und war auch sonst als übler Patron bekannt, wollte wohl den neuen Koch gleich mal „auf den Pott setzen“. Kaum hatte der Steward ihm das Essen gebracht, er hatte gerade einen Bissen probiert, als er das Essen ausspie und mit seiner versoffenen Stimme laut pöbelte: „Schweinefraß, wer soll so etwas essen…“ Als er dann noch den Verdacht äußerte, der neue Koch hätte sein Handwerk wohl als Teer-koch an der Autobahn gelernt, war das für den Koch zu viel. Er hatte nämlich im Gang neben der Messe gestanden und eine Zigarette geraucht, denn die Essensausgabe machte der Kochsmaat, sein Helfer in der Kombüse.

Wutentbrannt warf der Koch seine Zigarette durch das offene Schott an Deck, stürmte in die Messe, packte den alten Säufer am Kragen und zog ihn hoch… Mit einem geknurrten „Was, mein Essen schmeckt Dir nicht…“, drückte er dem Halunken den Teller mit dem Essen voll ins Gesicht. Es gab Kartoffelpüree, Rinderbraten mit Sauce und Gemüse… Vorsichtig stellte er den Teller zurück auf den Tisch und der Halunke sank verdattert auf seinen Stuhl. Ab da an war Ruhe. Über das Essen wurde nicht mehr gemeckert und der Koch entpuppte sich als freundlicher Kollege, immer hilfsbereit…

Die Reise nahm ihren Verlauf. Man kam nach Charleston, wo ein alter Dampfkran mit einem großen Greifer die Laderäume mit Getreide füllte. Vorher hatten die Seeleute auf See noch einiges zu tun, denn sie mussten in den Luken „Getreideschotten“ bauen. Das heißt, in den Zwischendecks der Laderäume wurden in der Mitte, von vorn nach achtern aus stählernen Stützen, Holzbalken und Bohlen, Wände, so genannte „Schotten“, errichtet, damit bei Schlechtwetter das Getreide nicht auf eine Seite überging und das Schiff zum Kentern bringen konnte.

Von Charleston ging die Reise dann nach Durban in Südafrika. Es war eine schöne Reise. Der Passat nördlich und südlich des Äquators blies mäßig und die Äquatortaufe überlebten alle ohne größere Blessuren. Kurz vor Kapstadt passierten sie an Backborseite in sicherem Abstand die Gefängnisinsel „Robben Island“. Dieser nackte Felsklotz im Meer wurde später weltweit bekannt, als ein ehemaliger, politischer Häftling, Nelson Mandela, Präsident Südafrikas wurde. Unter dem Apartheitregime wurden hier viele politisch nicht genehme Personen eingesperrt. Aber auch ein Matrose der „Mary C.“ berichtete von 6 Monaten Knast auf der Gefängnisinsel. Er hatte sich mit einem farbigen Mädchen eingelassen, war erwischt und zu sechs Monaten auf Robben Island verurteilt worden. Er erzählte, dass er dort in einem Steinbruch mit einem Hammer Steine klopfen musste…

Nach einigen Tagen erreichten sie Durban. Durban war eine schöne Stadt, allerdings nur für die Weißen. Auf den Parkbänken in den Parks wiesen zum Beispiel kleine Schilder mit der Aufschrift „Whites only“ darauf hin, dass diese den Weißen vorbehalten waren. In den städtischen Bussen war es der vordere Teil, in dem die Weißen sich aufhalten konnten. Überflüssig zu erklären, dass das Abteil für die Weißen besser ausgestattet war, als der Rest des Gefährts. - Auch hatte das Regime der Buren eine gewisse Rangfolge unter der Bevölkerung durchgesetzt. An der Spitze standen die Weißen und am Ende der Skala die Schwarzen. Dazwischen hatte man die anderen Menschen brauner Hautfarbe eingeordnet, Chinesen, gebürtige Inder, Pakistanis, und Südamerikaner. Einzig für die Japaner machte das Burenregime eine Ausnahme. Sie galten als eine Art „Ehrenweiße“.

So vergingen die Tage in Durban. Die Ladung wurde gelöscht, das heißt, sie wurde mit Hafenkränen an Land aus der Luke des Schiffes auf Laster an der Pier verladen. Wer von der Besatzung an Bord keinen Dienst hatte lag am Wochenende am Strand. Von der Schiffsleitung wurde auch mancher Ausflug an Land organisiert und der harte Teil der Gang saß abends in einer der vielen Kneipen.

So auch der Koch. Zusammen mit zwei Matrosen pilgerte er zu später Stunde die leere Pier entlang. Man war bester Stimmung. Da tauchten plötzlich aus dem Nichts drei schwarze Räuber auf. Zwei hatten größere Messer in der Hand und es war offensichtlich, sie wollten die Drei aus-rauben. - Der Koch merkte als Erster, wohin der Hase lief, den beiden anderen trübte der Alkohol den Blick. Fette Beute witternd, griffen die beiden Messerhelden an – aber Pech gehabt… Ehe sie sich versahen, hatte der Erste einen gut platzierten Kinnhaken vom Koch eingefangen und der Zweite einen Leberhaken, verbunden mit einem Tritt in die Weichteile… Die Folge war, der erste Räuber legte sich auf dem Asphalt zum Schlafen, der Zweite krümmte sich vor Schmerzen und der Dritte sprintete in Panik davon.

Das passierte innerhalb von wenigen Sekunden. Die Matrosen starrten leicht verblüfft auf ihren Kollegen aus der Kombüse. Eben wollten sie anfangen, da war der Spuk schon vorbei. Zufrieden ging man zurück zur „Mary C.“

An Bord angekommen, traf man sich noch Achterkante Aufbauten auf dem Hauptdeck am Schott der Kombüse auf ein Bier. Auch der Matrose auf Nachtwache, gesellte sich dazu. Thema war das Abenteuer mit den drei Strolchen. Natürlich wollte man wissen, woher der Koch seine brilliante Kampftechnik hatte… Die Antwort verblüffte alle. Der Koch war nämlich „Sparring-Partner“ von Karl Mildenberger gewesen…

Karl Mildenberger war der beste Schwergewichtsboxer Deutschlands. Er kämpfte 1966 gegen den Ausnahme-Boxer Cassius Clay, alias Muhammad Ali. Der Kampf ging über 12 Runden und Mildenberger verlor knapp nach Punkten..

 



.

Witz der Woche:

Was machst du, wenn du Auto fährst und es kommt dir ein Fußgänger entgegen?“ –

„Weiß nicht…“ –

„Du fährst vom Fußweg runter… !“

.

hart backbord

Herausgeber und Redaktion Hermann Ays, Wiesenweg 65, 22393 Hamburg

.

Aktualisiert ( Montag, den 09. Oktober 2017 um 15:09 Uhr )