• 19:09.2017Nr.06/2016 ; Nr. 007

hart backbord

Ein Blatt für Seeleute und interessierte Landratten

unabhängig, weltoffen und seefest

Seefahrt damals, Schiffsuntergang

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Spruch der Woche:

Terra marique

Mitunter geht es auf dem Meer
an Bord recht stürmisch zu
bei Seegang geht das Schiff zukehr
beim Landgang triffts die Crew.


Beispiele von Naturgewalt
wie dreißig Aquavit,
bestätigen den Sachverhalt
Der Wirt macht den Profit.

Bern Hardy

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Seefahrt damals, Schiffsuntergang

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Es ist schon einige Jahre her. In Dubai liegt ein altes Schiff mit dem Namen „Sunrise“, fünf Luken, konventionelles Ladegeschirr mit Masten und Ladebäumen, Ladung 10.000 Tonnen Zement in Papiersäcken a 50 Kilogramm, Flagge Honduras, Besatzung Griechen. Eigentlich nichts Ungewöhnliches in der damaligen Zeit, Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

Auffällig an dem Schiff ist nur, dass es auf „Marke“ liegt, das heißt es ist bis zur Freibordmarke abgeladen, und offensichtlich läuft eine große Pumpe, wie der Wasserstrahl mittschiffs zeigt. Normalerweise liegt ein Schiff im Ankunftshafen immer etwas unter der Freibordmarke, denn auf der Reise wird Bunkeröl verbraucht, das bedeutet, der Tiefgang nimmt ab und die Freibordmarke taucht nicht so stark ein.

Gegenüber liegt ein großer Schlepper und der Decksgang ist das alte Schiff natürlich aufgefallen. Sie haben gerade ein „Jack up“ – eine große Bohrplattform mit drei 80 Metern hohen Beinen nach Dubai geschleppt und sind dabei Bunker - Treibstoff – zu übernehmen. Natürlich interessiert sie der alte Schlorrn an der gegenüberliegenden Pier. So alte „Krücken“ sind immer interessant, denn mitunter haben sie massive Probleme und brauchen dann die Hilfe eines Bergungsschleppers.

In dem Moment kommt der 1.Steuermann, denn die Mittagspause ist zu Ende und an Deck liegt noch das ganze Schleppgeschirr von der letzten Reise. Die Drähte und Ketten sind schwer und müssen alle verstaut werden. Es klappt auch alles ganz gut, jeder weiß, was zu tun ist. Die Drähte müssen in die Last und die beiden Schleppketten, jede 27 Meter lang und 6 ½ Tonnen schwer müssen in den achterlichen Kettenkasten. Natürlich kann man die Klamotten nicht von Hand bewegen sondern man benutzt die beiden Beistopper-Winden an Deck und einen „Hiev-Draht“. Bis zum Abendbrot ist alles verstaut und der Schlepper wieder seeklar. Auch das Bunkern ist zu Ende und der Alte wartet noch auf die Behörden und den Agenten zum „Ausklarieren“.

Die Decksgang hat es sich auf den Pollern gemütlich gemacht, der Alte hat ein Bier ausgegeben und man erzählt sich die tollsten Geschichten, natürlich die reine Wahrheit. Gut der Eine oder Andere übertreibt etwas, aber in der Regel sind die Stories passiert… Das Leben schreibt bekanntlich die besten Geschichten.

Irgendwann schmeißt der Chief die Maschinen an und der Erste kommt an Deck. Er braucht nicht viel zu sagen, jeder weiß, was er zu tun hat. Die Gangway wird eingeholt und die Leinen vorn und achtern los geworfen. Alles Routine. Innerhalb kürzester Zeit sind die Leinen verstaut und das Schiff „seeklar“. In der Hafeneinfahrt kommt das Lotsenboot und holt den Lotsen ab, der Alte legt die Hebel auf den Tisch, das heißt er fährt die Maschinen hoch, der wachhabende Steuermann stellt die Ruderanlage auf „automatik“ und entlässt den Matrosen am Ruder. Der Alte schaut auf die Uhr und gibt dem Steuermann die Order - Uhrzeit mit Minuten, immer durch 6 teilbar, und „Anfang der Seereise“. Der Steuermann trägt die Angaben ins Tagebuch ein. Die Minuten werden grundsätzlich in einem Wert durch 6 angegeben, weil 6 Minuten das zehntel einer Stunde sind und damit das Rechnen erleichtert wird.

An Bord kehrt die Routine ein. Der Schlepper fährt durch den Persischen Golf und nach etlichen Stunden nach Süden in den Indischen Ocean. Nach einigen Tagen empfängt der Funker ein Telegramm von der Reederei, Kursänderung in Richtung Bombay. Dort treibt ein Frachter mit Problemen.

Die Nachricht ist blitzschnell rund. Es geht ein Ruck durch das Schiff. Die Maschinen werden hoch gefahren, man fuhr ökonomisch um Treibstoff zu sparen und jeder will natürlich Einzelheiten erfahren.

Am nächsten Morgen kommt der „Job“ in Sicht. Es ist die „Sunrise“ aus Dubai die langsam mit Kurs auf Bombay unterwegs ist. Sie schaukelt mächtig in der Dünung. Nach Angaben des griechischen Kapitäns hat das Schiff einen „Wassereinbruch“ im Maschinenraum und er will versuchen noch Bombay zu erreichen. Außerdem bittet er um zusätzliche Pumpen, da er befürchtet, dass die Maschinisten den Wasserstand mit Bordmitteln vielleicht nicht mehr lange halten können. Außerdem einigen sich die beiden Kaptäne auf den Vertrag „Lloyds Open Form / no cure-no pay“ also auf die Basis „kein Erfolg - keine Bezahlung“

Der Schlepper fährt inzwischen in sicherem Abstand zum Havaristen und die „Berger“ haben das Schlauchboot mit dem Außenborder fertig gemacht. Der Steuermann und zwei Matrosen springen rein und die anderen Matrosen laden noch eine Diesel betriebene Pumpe und etliche Schläuche ein. Die Verabredung mit dem Alten ist, dass wenn der griechische Kaptän „Lloyds Open Form“ unterschrieben hat, die Ausrüstung auf das Wrack geschafft wird.

Gesagt – getan. Die Seeleute auf dem Schlepper lassen das Schlauchboot ins Wasser, der Motor springt auch sofort an und der Steuermann am Außenborder sieht zu, dass er von dem Schlepper frei kommt, damit er nicht mit dem Boot durch die Wellen auf das Deck des Schleppers gespült wird.

Alles geht gut. Nach so zehn Minuten sind sie an der Bordwand der „Sunrise“. Der Steuermann im Boot über-gibt den Motor einem Matrosen und steigt in einem günstigen Moment, als das Schlauchboot in der Dünung sich in gleicher Höhe mit der Verschanzung der ,Sunrise“ befindet, auf das Wrack über. Er wird zwar ganz schön nass, aber das Wasser ist warm. Ein griechi-scher Kollege bringt ihn auf die Brücke. Hier erwarten ihn der Kaptän, der Funker und ein Steuermann. Am Ruder steht ein Seemann. Der Kapitän bietet ihm eine Tasse Kaffee an, die der Steuermann dankend ablehnt. Stattdessen überreicht er dem griechischen Kaptän das Vertragsformular, das der umgehend unterschreibt.

Zurück an Deck stellt er fest, dass die Seeleute die Pumpe schon auf die Luke geschafft haben. Er springt also wieder in das Schlauchboot und fährt mit Vollgas zum Schlepper. Dort läuft er sofort auf die Brücke und übergibt dem Kaptän den unterschriebenen Vertrag. Inzwischen packen die Seeleute zwei weitere Pumpen und Ausrüstung in das Schlauchboot, so dass der Steuermann gleich wieder zum Havaristen fahren kann. (Schiffe) hatte.

Dort geht alles recht flott. Die griechischen Seeleute helfen wacker mit. „In no time“ sind die anderen Pumpen und Schläuche im Maschinenraum installiert und der Wasserspiegel fällt. Auch die Ursache wird festgestellt. In einem Tunnel vor der Hauptmaschine spritzt aus einem 3 bis vier Meter langen Riss das Wasser. Offensichtlich kommt das Wasser aus dem darüber liegenden Kofferdamm, einem Leerraum zwischen Maschinenraum und Luke drei. Die Lage scheint sich zu stabilisieren.

Die Seeleute vom Schlepper sind wieder im Schlauchboot unterwegs, als sie vom Schlepper über Walkie-Talkie die Nachricht erhalten, dass der Maschinenraum vollgelaufen ist und die Griechen nur noch weg wollen. Offensichtlich ist das Schiff dabei Vorkannte Brücke auseinanderzubrechen.

Sie drehen natürlich sofort um, das Boot ist leer, denn sie wollten gerade weitere Ausrüstung vom Schlepper übernehmen. Die griechischen Seeleute stehen bei der Lotsentreppe, bei den Bewegungen des Schiffes bis zum Bauch im Wasser und klettern über die Verschanzung. Wenn das Schlauchboot auf einer Welle hoch kommt, immerhin ein Unterschied von 5-6 m lassen sie sich zum Teil abbergen, zum Teil lassen sie sich auch nur fallen. Das Boot ist weich so dass keiner verletzt wird.

Das Boot muss drei Mal fahren bis auch der letzte Grieche von Bord ist. Der Letzte ist der Kapitän.

Das Schlauchboot hat gerade die halbe Entfernung zum Schlepper zurückgelegt, als das Wrack Vorkannte Brücke auseinander bricht, das Vorschiff sich löst und in den Fluten versinkt. Aus der Entfernung entsteht der Eindruck dass das die Schiffshälften brennen, denn aus den Lüftern quillt heller Rauch. Sicher hat der Zement mit dem Wasser reagiert sich erhitzt und den hellen Rauch entwickelt.

Das Achterschiff verschwindet gegen Mitternacht in den Fluten.

So mancher griechischer Seemann ist wohl froh, dass vor dem Bildnis des Hl.Nikolaus auf der Brücke immer ein Licht brannte…

 



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Witz der Woche:

Fite neu

Beim Arzt: „Herr Doktor, ich muss 100 Jahre alt werden…“ Fragt der Arzt: „So trinken Sie?“ – „Nein“, „Rauchen Sie?“ – „Nein“, „Haben Sie was mit Frauen…“ – „Nein“ – „Mit Männern…?“ – „Gott bewahre…Nein!!“ Letzendlich fragt der Arzt: „warum wollen Sie um Himmels Willen 100 Jahre alt werden…?“

 

hart backbord

Herausgeber und Redaktion Hermann Ays, Wiesenweg 65, 22393 Hamburg

 

Aktualisiert ( Montag, den 25. September 2017 um 08:41 Uhr )